Welche Art von Forschung mit Tieren?

Wiegen einer Maus am Zentrum für Phenogenomik der EPFL © Bruno Marquis

Wiegen einer Maus am Zentrum für Phenogenomik der EPFL © Bruno Marquis

Für die Forschung in Schlüsselbereichen der Human- und Tiermedizin werden spezifische Tiermodelle in Kombination mit anderen Ansätzen (in silico, in vitro) benötigt. Tatsächlich werden bei der Forschung an der EPFL Tierversuche nicht systematisch eingesetzt. Zudem arbeiten mehrere Forschungsgruppen der EPFL an Ersatzmodellen.

Forschungsgebiete der EPFL, für die Tiermodelle benötigt werden

Mithilfe von Tierversuchen konnten Wissenschaftler an der EPFL bedeutende Durchbrüche auf verschiedenen Gebieten erzielen. Hier eine Liste der jüngsten Beispiele:

  • Immuntherapie: Forscher der EPFL haben entdeckt, dass ein künstlich hergestelltes Fusionsprotein in der Lage ist, den Stoffwechsel der körpereigenen Immunzellen umzuprogrammieren, wodurch ihre Wirksamkeit bei der Krebsbekämpfung erhöht wird. Weitere Informationen hier.
  • Brustkrebs: Wissenschaftler haben unter der Leitung der EPFL ein revolutionäres in-vivo-Modell für das invasive lobuläre Karzinom entwickelt, eine schwerwiegende, jedoch noch nicht ausreichend erforschte Form des Brustkrebses. Die Arbeiten eröffnen neue Möglichkeiten zur Erforschung der Biologie des Tumors und tragen zur Entwicklung neuer Therapien bei. Weitere Informationen hier.
  • Adipositas/Stoffwechsel: Wissenschaftler der EPFL haben eine neue Funktion von Gallensäuren entdeckt: Sie gelangen in das Gehirn und drosseln den Appetit. Diese Entdeckung liefert neue Erkenntnisse über die Signale und Mechanismen zur Sättigungskontrolle. Weitere Informationen hier.
  • Paraplegie: Wissenschaftler aus der Schweiz und aus Kanada haben eine Behandlung entwickelt, die es Patienten ermöglicht, ihren Blutdruck durch gezielte elektrische Stimulation des Rückenmarks zu kontrollieren. Weitere Informationen hier.
  • Wiederherstellung des Gehörsinns: Ein Forschungsteam der EPFL hat ein anpassungsfähiges Elektrodenimplantat entwickelt, das Menschen mit Innenohrtaubheit das Hören wieder ermöglicht. Dieses neue Gerät könnte bisher verwendete Hirnstamm-Implantate ersetzen, die bestimmte Nachteile aufweisen. Weitere Informationen hier.

Tierhaltungseinrichtungen der EPFL

Zahlen und Fakten

Im Jahr 2023 wurden am Campuses der EPFL Versuche mit 29’271 Tieren durchgeführt, davon waren 92% Mäuse. Die Experimente mit Primaten wurden in Zusammenarbeit mit einer anderen Schweizer Universität durchgeführt. 

Die Labortiere, die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der EPFL für ihre Forschungen benötigen, werden entweder von zertifizierten Züchtenden importiert oder in unserer speziellen Einheit auf dem Campus gezüchtet. Im Jahr 2023 waren dies 86 384 Tiere, darunter 59 538 Mäuse und 23 768 Fische. Bei diesen Zahlen handelt es sich um abgesetzte, 21 Tage alte Mäuse und Fischlarven, die nach der Befruchtung des Eis mehr als fünf Tage alt sind.

Im Jahr 2023 waren 73 % der an der EPFL gezüchteten und importierten Tiere gentechnisch verändert. Die Art der genetischen Modifikationen ist sehr vielfältig und dienen Forschenden beispielsweise dazu, ein Modell für eine bestimmte Krankheit zu entwickeln.

41,5 % der Mäuse, 63 % der Ratten, 54 % der Kaulquappen und 0,5 % der Fische, die an der EPFL importiert oder dort abgesetzt wurden, waren 2023 auch tatsächlich im Versuch. Die meisten nicht eingesetzten Tiere entfallen auf Zuchtstämme gentechnisch veränderter Tiere, da nicht alle Nachkommen die für ein bestimmtes Forschungsprojekt benötigte(n) genetische(n) Veränderung(en) erben. Manchmal liegt dies auch daran, dass nur ein bestimmtes Geschlecht des Tieres gefragt ist, wie etwa bei Studien zu Prostata- oder Brustkrebs. Was die Fische anbelangt, werden die meisten importierten oder abgesetzten Tiere zur Erhaltung einer gentechnisch veränderten Linie oder zu Fortpflanzungszwecken gehalten. Der Hauptteil der Forschungsarbeiten wird an weniger als fünf Tage alten Embryonen durchgeführt. Dies erklärt die geringe Anzahl an Fischen, die als Versuchstiere deklariert werden.

 Wir haben drei Arbeitsschwerpunkte festgelegt, um die Anzahl der Tiere, die nicht in Versuchen verwendet werden, so weit wie möglich zu verringern:

  • Kontinuierliche Verbesserung der Zuchtpraktiken, insbesondere durch eine verbesserte Vorausplanung von Kreuzungen oder die Kryokonservierung von Sperma oder Embryonen von genetisch veränderten Modellen.
  • Ein Programm zur Adoption von Tieren, für welches wir mit dem Schweizer Tierschutz zusammenarbeiten. Es können nur gentechnisch nicht veränderte Tiere adoptiert werden. Zurzeit umfasst dieses Programm nur Ratten.
  • Koordinierung von Forschungsprojekten zur gemeinsamen Züchtung gentechnisch veränderter Tiere. Tiere desselben Geschlechts, die von einem Labor nicht verwendet werden, können je nach Bedarf eines bestimmten Studienprojekts auch an andere Forschungsgruppen weitervermittelt werden.

Das Abwägen zwischen dem potenziellen Leid, das Versuchstieren zugefügt wird, und der Notwendigkeit, Erkenntnisse zu gewinnen und Fortschritte bei der Krankheitsbekämpfung zu erzielen, bildet einen zentralen Aspekt. Die Belastungen, die durch die im Rahmen eines Versuchs vorgenommenen Eingriffe oder Massnahmen ausgeübt werden, werden nach ihrem Schweregrad klassifiziert, der von 0 (keine Belastung) bis 3 (schwere Belastung) reicht. Dabei ist unbedingt zu betonen, dass laut Gesetzgebung in der Schweiz der erwartete Nutzen von Tierversuchen für die Gesellschaft grösser sein muss als das Leiden und die Verletzung der Würde der Tiere.

Weitere Informationen zu diesem Thema finden Sie in einem entsprechenden Dokument der swissuniversities: Forschung und Tierversuche in der Schweiz: Schweregrade.